2002 – Februar – Lieder, Songs und Poesie

Liedermacher Paul Bartsch aus Halle und die Rock-Akustiker „Three of Us“ verzauberten in der Kulturdiele

(gn) Ein denkwürdiger Abend in der Kulturdiele Hemmoor – im wahrsten Sinne des Wortes. Die Künstler boten über vier Stunden Feinsinniges in Wort und Ton. Unter dem Motto „Lieder, Songs und Poesie“ traten der Hallesche Lyriker und Liedermacher Paul Bartsch, das einheimische Acapella-Rock-Trio „Three of us“ und Mitglieder der Theater-AG des Gymnasiums Warstade auf. Die vier Schülerinnen des Gymnasiums trugen zwischendurch Texte kritischer Autoren vor, u.a von Frisch, Kästner und Fried.

„The Three of us” fingen ihre Zuhörer gleich am Anfang mit ihren wunderschönen Harmoniegesang ein und ließen die alten Meister wieder aufleben. Sie interpretierten Crosby, Stills & Nash, Neill Young oder Jackson Browne auf ihre eigene sehr handgemachte Weise und mischten dazu aktuelle Ohrwürmer, die auch das Zeug zum Klassiker haben. Mit ihrer individuellen Adaption hauchten sie den „toten“ Klassikern neues Leben ein und wahrten dabei die eigene Identität. Die Gruppe aus exzellenten Solisten hat weitere Auftritte in der Region wirklich verdient!

Paul Bartsch gelang der Spagat von der amerikanischen Popmusik zur deutschen Liedermachertradition und vom alten Westen zum neuen Osten. Er ist geradezu ein Gradwandler zwischen den ehemaligen politischen Blöcken. Einerseits im Osten aufgewachsen, den Sozialismus als Biografie erlebt, immer aber auch schon ein musikalisches Ohr zum Westen verstand er es, die Zuhörer in die Befindlichkeit des aufgeklärten Ostdeutschen einzuführen. Dieser Mensch jenseits der Elbe zeigte uns Westlern auf intelligente und sympatische Weise, humorvoll, souverän und gar nicht oberlehrerhaft, wie man aus den sich wandelnden Zeiten lernt, dabei sein Fähnchen aber nicht nach dem Wind hängt und immer wieder Partei für die humanitären Ideale ergreift.

„Lieder & Legenden von Niederlagen & Aufständen“ hieß das aktuelle Programm. In den Texten reflektierte er seine persönliche deutsch-deutsche Geschichte. Die kurzweilige Zeitreise gestaltete sich für den Zuhörer als Achterbahnfahrt zwischen heiterer lronie, poesievoller Weltsicht und bitterem Ernst. Der Drachen im Walde gehört genauso zum Personalbestand dieser Liederwelt wie der Zirkustiger, Sisyphos und lkarus, ein Dreikäsehoch, die verlorenen Freunde oder das Prinzip Hoffnung ? die Niederlagen sind ebenso wichtig wie die Fähigkeit zum Aufstand.

Der Abend wurde durch eine Lesung aus Bartschs gerade erschienenem Roman „Große Brüder werfen lange Schatten“ zu einem Abend mit Songs, Lieder, Poesie und Prosa erweitert. Darin schildert er pointiert, aber unterhaltsam die Konflikte bei der Gründung einer Band , damals „Combo“ in einer kleinen Stadt im Vorharz (DDR).

Nach einem langen sehr anregenden Abend wurde die Zuhörer mit dem Song „Ruby Tuesday“ (Rolling Stones) in die Nacht entlassen. Das machte Appetit auf mehr, denn Paul Bartsch hat gerade ein neues Programm unter dem Motto „The Sixties played by Nylon Strings“ entwickelt, in dem er altbekannte Kompositionen dieser Zeit mit der Konzertgitarre bearbeitet hat.

Hans-Jürgen Goeman
Pressereferent Culturkreis Hemmoor e.V.

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